Je ausgereifter die Automatisierungstechnologie wird, desto mehr wird sie zum Wettbewerbsvorteil – auch für
den Handel. Denn Verbraucher reagieren positiv auf den Komfort, den sie ermöglicht. Um von diesem Trend zu profitieren, müssen Einzelhändler jedoch einer Automatisierung den Vorzug geben, die auf positive Kundenerlebnisse abzielt statt auf Kosteneinsparungen, so eine neue Studie des Capgemini Research Institute.
Für die Studie „Smart Stores – Rebooting the retail store through in-store automation“ wurden über 5.000 Verbraucher und 500 Einzelhandelsführungskräfte in Nordamerika, Europa und Asien befragt. Sie ergab, dass eine Mehrheit (59 Prozent) der Verbraucher weltweit, die zuvor Geschäfte mit Automatisierung besucht haben, bereit wäre, ihre Einkäufe im stationären Einzelhandel zu verlagern: von einem Händler ohne Automatisierungstechnologien auf einen Händler, der sie anbietet. Unter den 22- bis 36-Jährigen steigt dieser Anteil auf über zwei Drittel (67 Prozent). In Deutschland würden das 46 Prozent der Verbraucher insgesamt tun, unter den 22- bis 36-Jährigen 55 Prozent. Die meisten Verbraucher glauben insbesondere, dass Automatisierung lange Warteschlangen an der Kasse vermeiden kann (66 Prozent) und Schwierigkeiten beim Auffinden von Produkten reduziert (60 Prozent).
Automatisierung bietet Wettbewerbsvorteile und schließt die Lücke zum E-Commerce
Automatisierung spielt eine wichtige Rolle, um Kunden, die zwischenzeitlich auf E-Commerce gebaut haben, wieder in die Geschäfte zu bringen. 46 Prozent der Kunden weltweit, die eine positive Erfahrung mit In-Store-Automatisierung gemacht haben, sagten, sie seien bereit, einen Teil ihrer Online-Einkäufe von Händlern mit digitalem Schwerpunkt (Händler, die hauptsächlich über Websites bzw. Applikationen und nur minimal mit Ladengeschäften operieren) auf Geschäfte mit Automatisierungstechnologie zu verlagern. Diese Zahl steigt auf 55 Prozent bei städtischen Konsumenten und auf 58 Prozent für Millennials. Aufgrund der Verbesserungen, die Automatisierung mit sich bringen kann, erwägen potenzielle Umsteiger durchschnittlich 20 bis 25 Prozent ihrer Einkäufe von Online-Anbietern auf Ladengeschäfte zu verlagern.
Automatisierung könnte auch die Gesamtverkaufszahlen der Einzelhändler steigern: 60 Prozent der Verbraucher weltweit sowie 45 Prozent der deutschen sind bereit, online mehr bei solchen Händlern zu kaufen, die Retouren von Online-Bestellungen im Geschäft mit Hilfe von Automatisierungstechnologien annehmen. International gehen die Verbraucher davon aus, dass sie in diesem Fall ein Fünftel (22 Prozent) mehr kaufen würden, die deutschen etwas mehr als ein Sechstel (18 Prozent). Die Einzelhändler berichteten auch von einem Umsatzanstieg in Höhe von 11 Prozent in Geschäften mit Automatisierung gegenüber solchen ohne oder mit geringer Automatisierung.
„Automatisierung ist ein wichtiger Teil unserer Reaktion auf die sich ändernden Kundenbedürfnisse", sagte Kristian Bjørseth, Leiter des Bereichs Zahlungsverkehr und Ausweise bei Coop Norwegen. „Wir haben Coop Key eingeführt, eine App, die es den Konsumenten ermöglicht, auch nach Geschäftsschluss einen Laden ohne Personal zu betreten und sich vollständig selbst zu bedienen. Nun verzeichnen wir erhebliche Umsätze zwischen 23 Uhr und Mitternacht sowie gesteigerte Zahlen bei margenstarken Produkten wie Tiefkühlpizzen. Sicherheit und Altersverifizierung werden gewährleistet, indem biometrische Daten in der App jeden einzelnen Kunden identifizieren.“
Kunden wollen, dass der Handel Automatisierung mit Nachhaltigkeit verbindet
Einzelhändler wie auch Kunden halten es für wichtig, Automatisierung mit Nachhaltigkeitsanliegen zu verknüpfen. Drei Viertel (75 Prozent) der Einzelhändler weltweit glauben, dass Automatisierung ihnen helfen kann, nachhaltigere und umweltfreundlichere Lösungen anzubieten. Dies spiegelt den wachsenden Wunsch der Verbraucher wider, bei Einzelhändlern einzukaufen, die sich als umweltfreundlich ausweisen können. Die befragten Verbraucher gaben an, dass sie Einzelhändler vorziehen würden, die Automatisierung zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen (69 Prozent) und Verbrauchsmaterialien wie gedruckten Quittungen (63 Prozent) sowie zur Verbesserung der Energieeffizienz (58 Prozent) und Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen zu Produkten (52 Prozent) einsetzen.
Verbraucher wollen sich nicht wie „unbezahlte Verkaufs-Assistenten“ fühlen
Da die Einzelhändler Automatisierung zunehmend einsetzen (derzeit sind fast 21 Prozent der Geschäfte in Bereichen wie der Filialnavigation und der Auftragsabwicklung automatisiert, aber es wird erwartet, dass dieser Anteil bis 2022 auf 36 Prozent ansteigen wird), unterstreichen die Studienautoren, dass das Verständnis der Bedürfnisse und Anliegen der Kunden vor Ort sehr wichtig ist. So sind die meisten Verbraucher prinzipiell der Meinung, dass Automatisierung das Potenzial hat, ihre Probleme in den Geschäften zu lösen. Das „Wie“ ist jedoch von regionalen Besonderheiten geprägt: So gaben beispielsweise 43 Prozent der befragten Verbraucher insgesamt an, dass sie sich bei der Nutzung eines Self-Checkouts wie „unbezahlte Verkaufs-Assistenten“ fühlen; bei den Befragten in Indien stieg diese Zahl auf 61 Prozent.
Die Untersuchung ergab auch, dass die Einzelhändler Bedenken der Kunden unterschätzen und ihre Prioritäten entsprechend häufig falsch setzen. Während insgesamt 59 Prozent der Kunden sagten, sie würden ein Geschäft meiden, wenn es Gesichtserkennung zu ihrer Identifizierung einsetzen würde (insbesondere 53 Prozent in Großbritannien, 60 Prozent in den USA und den Niederlanden, 66 Prozent in Deutschland und 67 Prozent in Indien), glaubten nur 23 Prozent der Einzelhändler, dass dies der Fall sein würde. Am stärksten war die Diskrepanz in Frankreich: Hier glaubten nur 4 Prozent der Einzelhändler, dass die Kunden Ladengeschäfte mit Gesichtserkennung meiden würden, aber 62 Prozent der Verbraucher gaben dies an.
Die Einzelhändler verschiedener Branchensegmente messen der Automatisierung unterschiedlich viel Bedeutung bei: So gibt fast die Hälfte der Lebensmittel- und Bekleidungshändler (47 Prozent bzw. 45 Prozent) an, dass ihre Geschäftsführung Automatisierung als strategische Notwendigkeit betrachtet – verglichen mit nur 21 Prozent der Elektronikhändler und einem Gesamtdurchschnitt von 40 Prozent.
Stephan Kolarik, verantwortlich für Digital Customer Experience bei Capgemini in Österreich: „Automatisierung bietet auch heimischen Einzelhändlern die große Chance, einen Teil des Bodens zurückzugewinnen, den sie an die Digital-Konkurrenz verloren haben. Letztlich verlangen die Kunden den gleichen Service und die gleichen Features offline, die sie vom E-Commerce gewohnt sind. Die richtigen Investitionsentscheidungen können hier ein erhebliches Potenzial freisetzen – sowohl in den kundenorientierten als auch in den operativen Abteilungen. Selbst in unserer technologieorientierten Welt findet man selten eine Investitionsmöglichkeit mit derart weitreichenden Chancen“.
Methodik der Studie
Capgemini befragte 5.110 Verbraucher in Nordamerika, Europa und Asien sowie weltweit 500 leitende Angestellte auf Geschäftsleitungsebene und darüber. Die befragten Einzelhandels-Unterbranchen waren: Elektronik, Lebensmittel, Heimwerkerbedarf, Mode und Bekleidung sowie Schnellrestaurants. Dreiundneunzig Prozent der Unternehmen hatten im Geschäftsjahr 2018 einen Umsatz von mehr als einer Milliarde Dollar gemeldet. Die Umfrage fand von Oktober bis November 2019 statt.
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Link: www.capgemini.com/at
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