Internationales Forum für Wirtschaftskommunikation: Der Hut brennt in Österreichs Wirtschaft
- IFWK
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Aktualisiert: vor 22 Stunden
Fehlt die strategische Abstimmung zwischen Finanz- und IT-Bereich, stocken Digitalisierung, Innovation und Investitionen und das Land fällt weiter zurück
Wien, 24. November 2025. – Ein Thema, das Österreichs Innovationskraft und viele Unternehmen hemmt und im internationalen Vergleich zurückfallen lässt, ist in Wahrheit ein Kommunikationsproblem: Nämlich die Schwierigkeiten im Verständnis zwischen den Finanz- und IT-Verantwortlichen. Dieser seit Jahrzehnten bekannten Problematik nahm sich das Internationale Forum für Wirtschaftskommunikation (www.ifwk.net) an. IFWK-Gründer Rudolf J. Melzer lud sowohl CFOs sowie Finanzexperten als auch CIOs und IT-Experten zum Dialog, denn „Der Hut brennt in Österreichs Wirtschaft.“

Die Vorständin von Excellence Research, Isabella Mader, zitierte in ihrer Funktion als IFWK-Vizepräsidentin eine globale Gartner-Studie, wonach 70 Prozent der CIOs und CFOs mit ihrer beruflichen Beziehung unzufrieden sind; und das bereits seit über 45 Jahren. Frei nach Conchita stellte sie die Frage in den Raum: „Was dauert da eigentlich so lange?“
ÖGV-Präsident und Softwareunternehmer Peter Lieber schnitt das Grundproblem scharf an: „Ich tue mir schwer mit dem Begriff IT, weil IT für mich bedeutet, dass die Leute Softwareinnovation eigentlich per Definition verhindern müssen“, sagte er. Die IT müsse „beschützen, bewahren und verhindern, dass Bedrohungen hereinkommen“, während neue Software „per se ein Risiko“ sei. Innovation und Sicherheit stünden damit systemisch im Konflikt. Lieber forderte dafür bewusst getrennte Teams: jene für stabile, geschützte Infrastruktur und jene für Innovation.
Für eine bessere Verständigung brauche es eine klare gemeinsame Basis: „Wir müssen wissen, wofür wir überhaupt investieren“, betonte Lieber. Dazu gehöre ein sauberes Unternehmensarchitektur-Management, das in vielen Industriebetrieben noch völlig fehle. Nur wenn Business, IT und Finanz ein gemeinsames Verständnis ihrer Wertschöpfung hätten, könne man Entscheidungen jenseits persönlicher Vorlieben treffen.
Verbund Digital Power Geschäftsführer Thomas Zapf ergänzte, dass IT-Abteilungen traditionell zu sehr von Herstellern getrieben seien. „Wir haben, um das Business-Verständnis zu stärken eine Abteilung Business-Engagement eingeführt, damit wir wirklich erkennen, was einen Mehrwert bringt.“ Für ihn ist Kommunikation dabei direkt an Empathie gebunden. „Wir in der Technik müssen lernen, besser zuzuhören und die Anforderungen des Geschäfts zu erkennen und nicht nur technisch umzusetzen.“
T-Systems CFO Nora Lawender hob die Perspektive der Finanz hervor: Kurzfristige Kostenzwänge führten oft dazu, aus reinem Budgetdruck mit großen, internationalen Cloudanbietern zu gehen, selbst wenn langfristig europäische Alternativen sinnvoller wären. „Am Ende weiß niemand, wie die Kostenentwicklung sein wird – Zölle, geopolitische Risiken, selektiv eingestellte Services internationaler Hyperscaler usw.“ Da brauche es vor allem Transparenz zwischen IT und Finanz und ein gemeinsames Verständnis, was kurzfristig nötig und langfristig sinnvoll sei.
Hypes und Trends: Zwischen Effizienz und Innovation
Der Automatisierungs- und Transformations-Experte Roman Oberauer brachte dazu eine klare Struktur ins Spiel: Hypes und Trends sind seiner Meinung nach zu trennen. „Ein Hype ist etwas Taktisches, auf das ich reagiere. Ein Trend ist strategisch.“ KI sei für ihn „nach wie vor in der Hype-Phase“, während Industrie-4.0-Versprechen wie Automatisierung und Datenprodukte langfristig belastbare Trends seien. Unternehmen müssten sich bei Investitionen an den Trends orientieren und die Risiken so strukturieren, dass sie für die Finanzabteilung bewertbar werden. „Ich kann als CIO nicht garantieren, dass ein Dreijahresplan aufgeht, aber ich kann sagen, ob wir in den ersten drei Monaten auf dem richtigen Weg sind.“ Isabella Mader pflichtet dem bei und betonte: „Das moderne Paradigma von IT-Strategie etabliert Informationstechnologie nicht nur als reinen Kostenfaktor, sondern als strategische Investition.“
Nora Lawender bestätigte diese Notwendigkeit von Agilität und Flexibilität. „Wir müssen schnell reagieren, Geschäftsmodelle anpassen und in kleinen Schritten automatisieren.“ Gerade bei überlasteten Teams sei es wichtiger denn je, „die kleinen Dinge zu ändern, die im Alltag wirklich etwas bringen“.
Über Projektrisiken und „Melonenprojekte“
Thomas Zapf erläuterte, wie wichtig ein ehrlicher Umgang mit Projektrisiken ist. „Wir nennen das Melonenprojekte: von außen grün, innen rot.“ Diese Kultur, Fehler nicht sichtbar machen zu wollen, sei einer der größten Saboteure erfolgreicher Digitalisierungsinitiativen. Transparenz und Nachbetrachtungen gehörten daher zwingend zu jedem Projekt als fachliche und als vertrauensbildende Maßnahme.
Peter Lieber brachte es so auf den Punkt: Organisationen müssten zuerst klären, was ihre wirkliche Wertschöpfung ist. „Viele bleiben in der Vergangenheitsblase und machen Dinge weiter, weil sie sie immer schon so gemacht haben.“ Sobald klar sei, welche Fähigkeiten strategisch relevant seien, ließen sich Nachhaltigkeit, KI oder Automatisierung sinnvoll einordnen.
Ebenso wichtig – darin waren sich die Diskutanten einig – ist ein strukturiertes Risikomanagement von Unternehmen. Kleinere Pilotierungen reduzieren das Investitionsrisiko, schaffen Transparenz und ermöglichen frühzeitige Kurskorrekturen. Erfolgreiche Projekte verfügen außerdem über klare Nachbetrachtungen, in denen Ergebnisse, Abweichungen und Lernerfahrungen systematisch dokumentiert werden, um Vertrauen zwischen den Bereichen zu stärken und künftige Projekte fundierter aufzusetzen. Schließlich gelingt Transformation am besten durch die Kombination aus starken internen Teams, die das Geschäft und die Prozesse kennen, und externen Spezialisten, die Methoden, Struktur und Erfahrung aus vergleichbaren Projekten einbringen.
„Bei größeren Digitalisierungsprojekten sind CFOs als wesentlicher Bestandteil der Projektsteuerung immer stark vertreten und in vielen Fällen sogar die Projekt-Sponsoren“, weiß auch Robert Resch, Business Development Manager SCC EDV-Beratung, aus der Praxis zu berichten. Als Beispiel nennt er die SAP S/4HANA-Einführung bei der APA – Austria Presseagentur, bei der CFO Doris Pokorny eine wesentliche Schlüsselrolle gespielt hat. Er klärt auch, warum es sinnvoll ist, bei singulären Projekten externe Expertise dazu zu holen: „Sie machen eine SAP S/4HANA-Umstellung einmal, wir machen sie 15-mal pro Jahr.“
Rege Diskussion
An der Diskussion rund um steigenden Innovationsbedarf bei gleichzeitig sinkenden Budgets beteiligten sich weiters der selbstständige Finanzmarktexperte Peter Brezinschek, Gabriele Schallegger, Senior Vice President Finance bei Wienerberger, der Head of Transformation and Process Optimization (TPO) bei der PORR AG, Reinhold Pfeifer, SCC-Vorstand Dietmar Teissl, MediNexis-Geschäftsführer Markus Gstöttner, die Geschäftsführerin des Controller Instituts, Rita Niedermayr, Marte Fjelland von RHI Magnesita sowie die CFO von Wolf Theiss, Nadja Huber. Bei Sekt von Peter Szigeti diskutierten des Weiteren: SHEconomy-Herausgeberin Michael Ernst, die Anwältin Stefanie Lugger, Stefanie Koch, Kleine Zeitung Wien, Gabriela Maria Straka von respACT, die Unternehmensberater Robert Bodenstein und Erik W. Eder, Anwalt Wilhelm Milchrahm sowie Karl Koczurek, Direktor bei der Österreichischen Beamtenversicherung.
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Weitere Informationen unter www.ifwk.net
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