top of page

„V8 der elektrischen Ära“ in Wien vorgestellt

  • MOTORENSYMPOSIUM
  • 11. Aug.
  • 5 Min. Lesezeit

Schlüssel zur Energiewende liegt in der Vielfalt der Antriebssysteme


Die Weisheit, dass „viele Wege nach Rom“ führen würden, gelte auch für die Energiewende in der Mobilität, betonte Professor Bernhard Geringer im Rahmen des Internationalen Wiener Motorensymposiums 2025: „In der Vielfalt liegt somit auch der Schlüssel zur Defossilisierung von Kraftfahrzeugen, Flugzeugen oder Schiffen!“ – Ein neuer Elektromotor, der ohne Seltene Erden auskommt und in Wien vorgestellt wurde, könnte ein wichtiger Baustein zur Unabhängigkeit Europas in Sachen Rohstoffe sein.


Holger Klein, Vorstandsvorsitzender des Zulieferkonzerns ZF Friedrichshafen, ergänzte: „Wir stehen vor der ultimativen Reifeprüfung. Nur mit Innovationen werden wir in Europa die großen Herausforderungen bewältigen können.“ Im Mittelpunkt der Bemühungen zur Defossilisierung des Verkehrs bleibt der Antrieb, egal, wie vernetzt und intelligent ein Fahrzeug auch sein wird. Allerdings sieht sich die Industrie weltweit höchst unterschiedlichen regulatorischen Vorgaben, Kundenwünschen und energiepolitischen Voraussetzungen gegenüber. Dazu kommt die Rohstoffabhängigkeit der Europäer gerade in der batterieelektrischen Mobilität. China dominiert nicht nur bei Batterien und Elektromotoren, sondern auch bei den dafür unerlässlichen Seltenen Erden. ZF setze hier etwa mit der Entwicklung eines Elektromotors ohne Permanentmagnete, der ohne Seltene Erden auskommt, einen Kontrapunkt.


Holger Klein, Vorstandsvorsitzender ZF Friedrichshafen (Credit: ÖVK; Abdruck honorarfrei)
Holger Klein, Vorstandsvorsitzender ZF Friedrichshafen (Credit: ÖVK; Abdruck honorarfrei)

„V8 der elektrischen Ära“

Auch bei Mercedes-Benz zeigt man sich stolz über einige Eigenentwicklungen. Dazu zählt ein Axialflussmotor, den Torsten Eder, Vice President Electrified Drive Systems bei Mercedes-Benz Cars Development, präsentierte. Der neue Elektromotor wird in AMG-Modellen „der V8 der elektrischen Ära“ sein. Mit neuen Batterien und Thermomanagement wurden mit dem Technologiedemonstrator Vision EQXX Rekordreichweiten von mehr als 1.200 Kilometern und ein Verbrauch von 7,4 Kilowattstunden auf 100 Kilometer erreicht. „Das ist das Einliterauto der elektrischen Ära.“ Daneben wurde auch an Ladestrategien gefeilt. „325 Kilometer Reichweite in zehn Minuten ist derzeit ein Benchmark für ein batterieelektrisches Fahrzeug im neuen CLA“, sagte Eder. Die neue Fahrzeugarchitektur ist auf batterieelektrischen Antrieb optimiert, aber auch kompatibel mit einer Hybridversion, die einen 1,5-Liter-Motor mit einem 48-Volt-System samt 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe kombiniert. Damit soll selbst das 48-Volt-Hybridauto bis zu 70 km/h rein elektrisch fahren können. Bei der Bordspannung entschied sich Mercedes für 800 Volt. Bei den Lithium-Batterien haben Kunden die Wahl zwischen performanten Nickel-Mangan-Kobalt- (NMC) und kostengünstigen Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP).


VW: Autos für China in China

Volkswagen setzt auf softwaredefinierte Fahrzeuge. Diese neue Elektronikarchitektur „ist ein echter Kostengewinn“, sagte Kai Grünitz, Mitglied des Markenvorstands Volkswagen und für die Technische Entwicklung zuständig. Die neue Architektur kann für alle Fahrzeugklassen verwendet werden, vom VW Polo bis zum Audi A8. Sie ist erweiterbar, „ohne dass alles neu gemacht werden muss.“ Das erste Fahrzeug dieser Art soll 2026 in China auf den Markt kommen, 2027 wird es auch softwaredefinierte Autos aus Deutschland für den europäischen Markt geben. „Wir arbeiten seit eineinhalb bis zwei Jahren an einem Auto für weniger als 20.000 Euro, aus Deutschland für Europa.“ Ein Erfolgsrezept früherer Jahrzehnte, ein gleiches Auto für alle Weltmärkte, also ein Weltauto wie der Golf, ist dagegen nicht mehr zeitgemäß aufgrund „unterschiedlicher Regulatorien, aber auch, weil die Kundenansprüche auseinandergehen.“ Künftig wird Volkswagen Autos für China in China entwickeln und Autos für Europa in Europa. Dem Umstand der momentan unübersichtlichen Weltlage begegnete Grünitz mit einem Zitat des legendären Formel-1-Piloten Ayrton Senna: „Du kannst nur bei Regen 15 Autos überholen.“


Die europäischen Autohersteller müssen in China enorm aufholen. Auf dem lukrativen Automarkt, wo sie jahrelang von Erfolg zu Erfolg eilten, wurden sie inzwischen von lokalen Mitbewerbern überholt. „Der Anteil der lokalen Autohersteller am chinesischen Fahrzeugmarkt liegt inzwischen bei mehr als 60 Prozent und ist damit größer als der Anteil nordamerikanischer und europäischer Autohersteller zusammen“, sagte Markus Heyn, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH und Vorsitzender der Bosch Mobility, Stuttgart. „Das Innovationstempo in China ist doppelt so hoch wie in Europa. In China gibt es auch eine große Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen.“ Bei den Klimazielen hat China klare, strenge Vorgaben. Es herrscht Technologieoffenheit und für jede neue Technologie werden die Energiebereitstellung und Infrastruktur „im Gleichschritt“, sagt Heyn, mitbedacht. „Davon müssen wir in Europa lernen.“ Das betrifft auch den Nutzfahrzeugbereich, wo Brennstoffzellen-LKW eine wichtige Rolle spielen sollen. Bosch ist unter anderem als Anbieter von Brennstoffzellen, die in China in weniger als einem Jahr entwickelt wurden, an Bord.


In Europa dagegen herrscht ein starker Trend Richtung batterieelektrischem Antrieb, selbst für Transit-Lkw. Noch „sind bei MAN 99 Prozent unserer Fahrzeuge dieselmotorgetrieben“, sagte Frederik Zohm, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei MAN Trucks & Bus auf dem Symposium. Doch der Druck der Gesetzgeber hin zu emissionsfreien Antrieben steigt auch bei Nutzfahrzeugen. Pro Jahr übersteigt allein der CO2-Ausstoß der aktuellen MAN-Bestandsflotte den gesamten CO2-Ausstoß Österreichs. Insgesamt werden „in Europa rund 300.000 bis 360.000 Lkw pro Jahr zugelassen“, sagte Zohm. Er sieht MAN auf einem guten Pfad hin zur Dekarbonisierung. „Beim batterieelektrischen Stadtbus sind wir Marktführer in Europa.“ Für Transit-Lkw bietet MAN Batteriepakete von 480 Kilowattstunden für Reichweiten von 600 bis 800 Kilometern und künftig noch mehr dank 750 Kilowattstunden. Bei Ladeleistungen von 750 Kilowatt kann der LKW in 40 Minuten Strom für 350 Kilometer nachladen. Ein Hemmschuh ist derzeit der hohe Preis der Komponenten. „Ein Batteriepaket kostet so viel wie ein Dieselmotor. Für 480 Kilowattstunden sind sechs Batteriepakete im Lkw verbaut.“ MAN setzt bei der Dekarbonisierung auch auf Wasserstoffmotoren, die in der EU als abgasfrei gelten, sowie auf Biodiesel (HVO).


Horse Powertrain setzt auf globale Kooperationen

„2040 wird noch mehr als eine Milliarde an Fahrzeugen ohne batterieelektrischen Antrieb unterwegs sein. Wer kümmert sich um deren CO2-Fußabdruck?“, fragte Matias Giannini, Geschäftsführer von Horse Powertrain. Der neue Zuliefermulti wurde als Joint Venture von Geely, einem der größten chinesischen Autokonzerne, sowie von Renault und dem saudiarabischen Ölkonzern Aramco gegründet. Giannini warnte vor einseitigem Denken. „In Brasilien fahren 83 Prozent der Fahrzeuge mit Bioethanol, was über die gesamte Fahrzeuglebensdauer zu niedrigeren Emissionen führt als Elektroautos, vor allem, wenn diese mit viel Kohlestrom fahren.“ In China dagegen sei der Boom an Elektrofahrzeugen mit Range Extendern kein Zufall. „Das senkt die Kosten um bis zu 20 Prozent, was in China sehr wichtig ist. Kleinere Batterien mit 30 Kilowattstunden und weniger können bis zu 1.500 Euro sparen und trotzdem die gleiche Reichweite dank Range Extender garantieren. Mit einem Liter Benzin kann dieser Range Extender 20 Kilometer elektrische Reichweite liefern, unabhängig vom Ladenetz. Das eröffnet Millionen von Chinesen den Zugang zur Elektromobilität, den sie sich bisher nicht leisten konnten.“ Giannini warb für internationale Zusammenarbeit. „Unser Planet braucht keine Solisten, sondern ein Orchester.“


Todd Anderson, Vice President und Chief Technology Officer des US-Zulieferers Phinia, der unter anderem aus dem früheren großen US-Zulieferer Delphi hervorgegangen ist, machte auf die Kluft zwischen den CO2-Zielen und der Wirklichkeit trotz erheblicher Fortschritte bei der Kraftstoffeffizienz und Elektrifizierung aufmerksam. Der Europäischen Union ist es seit den 1980er-Jahren gelungen, den mittleren CO2-Ausstoß auf rund vier Tonnen CO2 pro Kopf zu halbieren. Weltweit stagniert der CO2-Ausstoß seit den 1960er-Jahren bei rund vier Tonnen CO2 pro Kopf. Um die fossilen Kraftstoffe zu ersetzen, werden alle verfügbaren kohlenstofffreien Energiequellen nötig sein, einschließlich Sonne, Wind, Wasser, Kernenergie und Biomasse. „Es gibt keine einzelne Energiequelle, die alle Bedürfnisse abdecken wird“, sagte Anderson. Auf einen Hersteller von Kraftstoffsystemen und -komponenten wie Phinia kommen damit eine Menge neuer technischer Herausforderungen zu, um Schwächen einzelner alternativer Kraftstoffe etwa rund um Kaltstart, Energiedichte, Schmierung oder Korrosion in Griff zu bekommen.


Mammutaufgabe regenerative Energiebereitstellung

„Für alle Antriebe ist der entscheidende Punkt die regenerative Energiebereitstellung. Diese stellt für sich und in Kombination mit der erforderlichen Infrastruktur wahrlich eine Mammutaufgabe dar, die bisher weder vollständig durchdacht, geschweige denn abgesichert ist“, sagte Helmut Eichlseder, Vorstand des Instituts für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme an der Technischen Universität Graz, in seiner Schlussrede. Von den europäischen Gesetzgebern wünschte sich Eichlseder, dass sie sich künftig an der „Wirksamkeit hinsichtlich Treibhausrelevanz“ orientieren. Derzeit zählen nur die Emissionen aus dem Auspuff.



Download Pressetext:



Mehr Informationen und Bildmaterial unter: www.melzer-pr.com/motorensymposium 

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Kommentare


Dieser Beitrag kann nicht mehr kommentiert werden. Bitte den Website-Eigentümer für weitere Infos kontaktieren.
bottom of page